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„Die Elektromobilität wird kommen“

Dr. Jens O. Bartram
verfasst am 04.07.2019

Die Elektromobilität wird kommen sagte BMW-Entwicklungsvorstand, Klaus Fröhlich. Aber nicht ganz freiwillig. Denn zuvor sagte der als aktuell mächtigstes Sprachrohr des Autobauers aus München geltenden und als baldigen Nachfolger für den Vorstandsvorsitz gehandelten ´oldschool car guy´, dass die Elektrifizierung „hochgejubelt“ wird und dass es in Europa „keine Nachfrage von Verbrauchern nach Batterie-elektrischen Fahrzeugen gäbe. Keine.“ (Laut welt.de soll diese Aussage letzte Woche von Fröhlich am Rande einer BMW-Veranstaltung gefallen sein.)
Spannende These! Und ziemlich steile These eines Entwicklungsvorstands, eines Anwärters auf den Chefsitz eines deutschen Premiumherstellers, der mit dem ´i3´ schon vor 7 Jahren das erste ernstzunehmende, hochinnovative deutsche Elektroauto mit Kohlefaserchassie gebaut hat. BMW, der Konzern, der sich dann umentschied und der so gut wie sein gesamtes Entwicklerteam in den letzten Jahren an den Wettbewerb (vor allem chinesische und kalifornische eFahrzeug-Startups) verloren hatte; … in  Zeiten fehlender Fachkräfte.
Wer die Elektromobilität auch nicht kommen sieht, der sollte seine Meinung vorsichtshalber mal mit folgenden Fakten abgleichen: In China wurden letztes Jahr ca. 1,2 Mio. eFahrzeuge zugelassen. Das waren 50% der weltweiten Zulassungen. In Deutschland wurden im Juni 5.760 Elektrofahrzeuge zugelassen (+ 117% zum Vorjahr. Nicht viel? Stimmt! Denn Deutschland hat „den Zug verpasst“ (auch dank BMW). Im Rest der Welt sieht es so aus, dass in diesem Jahr 2019 ca. 5% aller Zulassungen reine Elektrofahrzeuge sein werden (prognostiziert ca. 4,0 von 80 Mio. Zulassungen). Praktische alle Auto-Startups beschäftigen sich mit reinen elektrisch angetriebenen Fahrzeugen. In China gab es auf der letzten Autoshow ca. 170 Elektromodelle von ca. 70 Startups. Darunter einige, die von deutschen Vorständen geführt werden (Bsp. Byton, Lynx, Borgward) und die bald auch (niedrigpreisig!) in Deutschland ganz neue Marken, neue Modelle und neue Nutzzungs-/Bezahlkonzepte (Geschäftsmodelle) anbieten werden. Fast alle (Premium-) Aktuell haben fast alle Hersteller die Entwicklung von Dieselmotoren praktisch eingestellt (außer Weiterentwicklung der Abgasreinigung aus gesetzlichen Gründen). Auch der Benzinmotor wird kaum weiterentwickelt. Völlig unnötig, denn mit eFuels könnten all diese Verbrenner sauber weiterlaufen. Allein mit den 25 Milliarden Kosten für VW aus seinem Betrugsskandal könnte VW heute wahrscheinlich der größte Weltproduzent von eFuels sein.
Und die Deutschen? BMW … siehe oben. VW scheint Vollgas zu geben; tut sich aktuell aber mangels ausreichender Batterien als Verschiebungsweltmeister hervor. Der angekündigt ID.Buzz, elektrischer und hipper Nachfahre des Bulli T1 und T2, ist gerade auf 2022 verschoben worden. Tesla verkauft dieses Jahr ca. 500.000 Elektro-Premium-Fahrzeuge; in 2022 wahrscheinlich schon über 1 Million. Und Mercedes erstickt in Perfektionismus, baut immer komplizierter (teure Plug-Ins statt serienmäßiger Mild-Hybrid mit ordentlicher Batteriekapazität, Rekuperation und Segelbetrieb). Aktuell werden die schwersten Daimler-SUVs als erste auf E-Antrieb umgerüstet … als würden die nur deswegen weniger Antriebsenergie benötigen (Achtung ´Physik´: sogar mehr; sind noch schwerer). Dabei hatte die erste A-Klasse in 1997 (die war leicht) schon doppelten Boden. Damals ausdrücklich auch für eine Elektroversion, die nie kam.
Deutschland als Exportweltmeister? … ja! … sind wir doch gewohnt! … oder?  Vielleicht müssen wir uns wegen der laufenden Handelskriege, wegen des Brexits, wegen Ausfalls des Iran als Exportziel und wegen anderer vogelwilder Entwicklungen und – nicht zu vergessen – wegen unserer Innovationsangst in der Bevölkerung und bei unseren Konzernbosse, bald umstellen.
Deutschland hat keine Rohstoffe. Nie gehabt (außer Kohle natürlich … ist out). Dennoch könnten wir (nach der Kohlezeit) auch heute wieder Exportweltmeister sauberer synthetischer Kraftstoffe sein. Technisch-chemisch ist alles dafür da. Sogar erneuerbare Energie könnten wir dafür genug haben … wenn wir wollten. Wollen wir aber nicht! Und regulatorisch weiß man nicht wie. Unsere Unternehmen und die Vorstände unserer Weltkonzerne müssten in Berlin und in der EU Einfluß haben … und natürlich Innovationsmut … seufz!!   Und mit welchen innovativen deutschen Technologien könnten wir in der neuen Zeit sonst noch Produktions- und Exportweltmeister sein? Da böte sich vieles mit Riesenpotentialen auf weltweite Multimilliarden-Märkte an:  Erneuerbare Energieanlagen! … PV- und Windanlagen haben wir quasi mal erfunden, waren Weltmarktführer (haben wir heute aber verkauft; kein Potential !?); … ist ja aber nicht hübsch … und die Vögel! Gezeitenkraftwerke, Pumpspeicher, Strömungsanlagen, Umspannwerke, Turbinen (ach ja, verkauft …), Biogasanlagen (ca. 8.000 Methanproduzenten in BRD) … haben wir alles!  Brennstoffzellen! … ja, haben wir, kennen wir, wollen wir aber nicht bauen! Elektrolyseure! … ja, haben wir entwickelt, haben noch Hersteller (zwei); aber nein, wollen wir nicht bauen … lohnt sich nicht, denn der Strom ist zu teuer! (Vielleicht klingelt endlich mal einer in Berlin durch?!) Wie wäre es mit Batteriezellen! … ja, haben wir (Siemens) quasi mit erfunden; da hatten wir viele deutsche Hersteller in der alten Bleizeit; Frauenhofer, Max-Planck, und Helmholtz sind in der Forschung heute ganz vorn (z.B. Feststoff-Li-Ionen-Zellen; auch Akkus auf ganz anderer chemischer Basis); … aber nein wollen wir nicht machen! (Unsere Automanager kaufen lieber aus Korea, China und USA. Und Siemens verkauft lieber Geschäftseinheiten. Innovationen sind einfach zu anstrengend. Lieber einen Siemens-Venture-Fonds als Feigenblatt; um dann das Flugtaxi-Startup zu verkaufen, bevor es fliegt. … OMG!) Der Geist von Jürgen Schrempp (Shareholder-Value) umweht die Deutschen Konzerne wie ein leichtes, weißes Leichentuch.)
Nein. Deutschland verlässt sich lieber auf Bewährtes, nämlich auf seine Autoindustrie. Und merkt gar nicht, dass wir sie gerade mit großen Schritten selbst zugrunde richten. … und ich sprach jetzt nur von dem wichtigen Mobilitätssegment unserer Volkswirtschaft! 

 

 

 

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